Kapriziöse Sprachvorliebe

Hans-Jürgen Hafner


2010

(in German)



Wenn die Hohepriester der Konzeptkunst das Sagen haben, fällt dem traditionellen Bild die Rolle des armen Sünders zu. Andererseits wurde der internationale Kunstmarkt, wie wir ihn heute am Zenit erleben, überhaupt erst durch die Konzeptkunst und ihre radikale Abrechnung mit handwerklichen Traditionen möglich. Vorher war Kunst ans Atelier und die Meisterschaft des Künstlers gebunden. Anschließend löste sich die Kunst vom Handwerk und vom Bild. Sie ging global anschlussfähig in Zeichen- und Strukturspielen auf, übersetzbar und multifunktional. Vermittlung und Vermittelbarkeit wurde ihr zum Wesenskern.
Das ist die Geschichte. Juergen Staacks Schau „Transformation“ rollt diese historische Entwicklung in der Traditionsgalerie Konrad Fischer von der anderen Seite her auf. Staack ist gelernter Fotograf und im richtigen Leben tatsächlich so etwas wie ein Konzeptkünstler. Denn obwohl er Fotograf ist, sind von ihm keine Bilder zu erwarten. Im Gegenteil. Zwar umschleicht Staack (1978) hartnäckig das Problem des Bildes. Er bietet uns sogar allerhand Stücke – einen großformatigen C-Print etwa, der „white noise“ zeigt; eine papierweiße und säuberlich gerahmte Tafel mit verborgenem Sound. Doch das sind, sozusagen, unmögliche Bilder. Gern darf an solchen Experimenten um Bild und Nicht-Bild auch das Publikum teilnehmen. Dann lässt Staack Menschen Polaroids mit Edding schwärzen, um sodann um eine Bildbeschreibung zu bitten. Da wird visuelle Information mal eben als Text kommissioniert. Immer geht es um die Schwingungen, die sich dem Übersetzen selbst beimischen. Staacks ein wenig kapriziöse Sprachvorliebe gilt seltenen, aussterbenden Sprachstufen und Dialekten. Vermittlung ist das Letzte, woran er dächte. So gesehen ist Staacks Konzept das blanke Gegenteil der historischen Konzeptkunst, der es sehr wohl um Buchstäblichkeit, ums So-und-nicht-anderssein ging. Es geht ihm um die Wiederannäherung an eine Kunst, der die Gewissheit der Bilder, aber auch ihr Ziel abhanden gekommen ist. Unter den Bedingungen einer immer weiter gesteigerten und manipulierbaren Bilderflut ist das mindestens ein ehrenwertes Konzept.